Die Rostocker Straßenbahn

Und ihre Geschichte

Von der Pferdebahn zur Niederflurgelenkstraßenbahn

Voraussichtlich 2025 werden auf Rostocks Schienen neue Straßenbahnen rollen. Dann wird die 3. Generation von niederflurigen Straßenbahnen die Straßen der Hansestadt erobern. Aber wie begann die Geschichte des Rostocker Nahverkehrs überhaupt? Wagen Sie mit uns einen Blick auf die vergangenen 140 Jahre.

Mit echten Pferdestärken

Im Jahr 1881 eröffnete die Mecklenburgische Straßen-Eisenbahn AG die erste Pferdebahn in Rostock. Der Betrieb auf drei Linien startete mit neun Wagen und 27 Pferden.

Schon 1904 wurde es elektrisierend in Rostock! Das dazu benötigte Elektrizitätswerk stand in der Ernst-Barlach-Straße. Für den elektrischen Betrieb wurden 21 Motortriebwagen aus der Waggonfabrik Uerdingen gekauft. Im Jahr 1911 folgten zwei weitere. Die nicht mehr benötigten Pferdebahnwagen dienten als Beiwagen.

Rostock wächst

Rostocks Nahverkehr erfreute sich großer Beliebtheit. Mehr Fahrgäste heißt auch mehr Fahrzeuge! Das bisherige Depot in der Ottostraße reichte von der Größe nicht mehr aus, deshalb erfolgte ein Neubau des Betriebshofes in der Fahnenstraße.

In den Jahren 1926/27 beschaffte die Rostocker Straßenbahn acht neue Triebwagen der ersten Generation aus der Waggonfabrik Wismar. Damit verfügte das Unternehmen über 22 Triebwagen. Alle im Einsatz befindlichen Beiwagen waren gebrauchte Fahrzeuge.

Die ersten Waggons aus Wismar waren noch mit offenen Perrons gefertigt. Auf diesen Plattformen musste das Fahrpersonal bei jeder Witterung ungeschützt stehen. Während des Zweiten Weltkriegs folgten nochmals sieben Triebwagen der zweiten Generation, diesmal mit geschlossenen Perrons.

Wiederaufbau

Nach dem Krieg ist Rostock zu 80% zerstört. Der Straßenbahnverkehr wird eingestellt, Gleisanlagen und Fahrzeuge sollen nach Minsk abtransportiert werden. Dazu kommt es jedoch nicht. Die von den Rostocker Gas- und Wasserwerken betriebene Strandbahn (Hohe Düne - Markgrafenheide) allerdings, wird dauerhaft eingestellt. Das gesamte rollende Material wird 1946 von der RSAG übernommen, ebenso das Schienenmaterial. Dieses wurde für den Bau der Straßenbahnstrecke Rostock - Gehlsdorf genutzt.

In Folge des Wiederaufbaus wurden viele Wagen des bestehenden Bestands noch bis in die 50er und 70er Jahre genutzt. Ab 1950 durften sich die Rostockerinnen und Rostocker erstmals wieder über Neubaufahrzeuge freuen. Rostock erhält drei Beiwagen der Waggonfabrik „Wismar". Dies waren die ersten Straßenbahnen, die in der DDR gefertigt wurden. 

Sachsen & Thüringen - Die Wiege der Straßenbahnen

1950/51 baute die Lokomotiv- und Waggonfabrik (Abkürzung LOWA) in Werdau/Sachsen auf der Basis eines Einheitswagen-Konzepts erstmals größere Stückzahlen neuer Straßenbahnwagen. 1951 erhielt die RSAG die ersten acht fabrikneuen LOWA-Zweirichtungsbeiwagen (EB50). In den folgenden Jahren wurde der RSAG-Fuhrpark um insgesamt 14 Triebwagen und 30 Beiwagen ergänzt. Die Wagen bestachen durch ihr schlichtes und schlankes Aussehen. 

Ab 1954 übernahm der VEB Waggonbau Gotha die LOWA Fertigung. Die ersten Gotha-Gelenk-Triebwagen kamen in Rostock 1961 zum Einsatz. 21 fabrikneue Fahrzeuge und 13 Beiwagen rollten durch die Straßen der Hansestadt.

1964 legte der Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) fest, dass der Bau von Straßenbahnen in der DDR ab 1967 eingestellt wird. Aufgrund eines zentralen Beschlusses erhielt Rostock daraufhin gebrauchte „Gotha"-Fahrzeuge aus Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz), Leipzig, Magdeburg und Schwerin, da in diesen Städten bereits neue Tatra-Fahrzeuge fuhren. Die RSAG bekam insgesamt 9 Triebwagen, 40 Beiwagen und 14 Gelenktriebwagen, oft in einem sehr schlechtem Zustand.

Der Reko-Wagen - Fast wie neu

Der Beschluss in der DDR keine Straßenbahnen mehr fertigen zu lassen, führte in der ČSSR zu Lieferengpässen. Daher wurde das Reichsbahnausbesserungswerk (RAW) Berlin-Schöneweide beauftragt Straßenbahnen mit Einsatz von modernen Bauteilen zu rekonstruieren. Im Ergebnis entstanden fast neue Fahrzeuge, die große Ähnlichkeit mit den „Gotha"-Wagen hatten. Von 1970 bis 1975 erhielt die RSAG 8 Reko-Triebwagen und 13 Beiwagen. Die Fahrzeuge waren in der Ausführung allerdings schlechter als die älteren Gotha-Modelle und wurden daher nach dem Einsatz der Tatra-Bahnen als erstes verschrottet.

Rostock setzt auf Barrierefreiheit

Bis 1990 mussten die Rostockerinnen und Rostocker dann auf den nächsten Fahrzeugtypen warten. Dann gingen die ersten Tatrawagen des tschechoslowakischen Straßenbahnherstellers ČKD auf Linie. 2001 kamen dann die niederflurigen Beiwagen dazu. Damit konnte die RSAG bundesweit als erster Straßenbahnbetrieb auf jeder Fahrt einen niederflurigen Einstieg vorweisen. Seitdem setzt die RSAG bei ihren Fahrzeugen auf einen Niederfluranteil von 70 bis 100 %.

Seit 1994 sind auf Rostocks Straßen 40 Bahnen des Typs „6N1" der DUEWAG AG im Einsatz. Ergänzt wird die blaue Flotte seit 2014 von 13 weiteren Niederflur-Gelenktriebwagen des Typs Tramlink „6N2" des Herstellers Vossloh.  

Beitrag von Ulrich Rohde
(Ehren-Vorsitzender der Rostocker Nahverkehrsfreunde und langjähriger RSAG-Mitarbeiter)

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