Geschichten Stadtomnibus in Rostock

Geschichte der ersten Jahre (1926 bis 1939)

Eröffnung

Am Sonnabend, den 31. Juli 1926, eröffnete die Rostocker Straßenbahn A.G. ihre erste Kraftomnibuslinie. Sie führte vom damaligen Blücherplatz in Rostock über die Lange Straße und den Doberaner Platz nach Warnemünde.
Als Begründung für die Einrichtung einer solchen Linie wurde die bessere verkehrsmäßige Erschließung Warnemündes genannt.
Es gab zwar schon seit 1886 eine Eisenbahnverbindung zwischen Rostock und Warnemünde, doch die selten verkehrenden Züge sowie deren ungünstige Fahrplanlage entsprachen nicht mehr dem vorwiegend im Sommer sprunghaft steigenden Transportbedarf.

Wie in vielen anderen Stadtverkehrsunternehmen dachte die Leitung der Rostocker Straßenbahn A.G. daran, ihr Liniennetz auch im Stadtbereich mit dem nicht durch Schienen und Fahrleitungen gebundenen und deshalb flexibleren Omnibus zu ergänzen.
Die städtischen Organe erteilten die Genehmigung für eine Linienführung in die Gartenstadt und die Steintorvorstadt.

Nach dem Kauf von neun kleinen Büssing-Kraftomnibussen eröffnete das Verkehrsunternehmen am 18. April 1928 als erste Stadtautobus-Verbindung die Linie St.-Georg-Platz - Hauptbahnhof - Maßmannstraße als Linie 5.

Die Eröffnung der Autobuslinie

Die später erfolgte Eröffnung der ersten Stadtautobuslinie Schlachthof - Bahnhof - Göbenstraße - Feldstraße - Barnstorfer Weg - Waldemarstraße - Maßmannstraße bildet eine neue Etappe in der Entwicklung des Rostocker Verkehrslebens.
Durch die Einführung dieser Linie wird ein regelmäßiger Verkehrsdienst geschaffen vom östlichsten Bahnhofsviertel bis zum westlichsten Viertel der Stadt. Mit dieser großzügigen Verkehrsverbindung wird also nicht nur das Steintorviertel mit seinen vielen bis zum Schlachthof reichenden Straßen, sondern auch die Kröpeliner Tor-Vorstadt, soweit sie nicht von der Straßenbahn berührt wird, bis hinauf zu den neuen Straßenbauten die schon seit langem gewünschte Verkehrserschließung erhalten.

Jedenfalls ist diese für das Wirtschaftsleben unserer Stadt äußerst bedeutsame und wichtige Einrichtung sehr zu begrüßen.
Der ersten fahrplanmäßigen Abfahrt voraus ging eine Probefahrt, zu der Einladungen ergangen waren. Kurz nach 1 Uhr staute sich auf dem Neuen Markt eine große Menschenmenge. Dort waren zwei der neuen Wagen, mit Blumen und Girlanden geschmückt, angefahren. Mit Interesse besichtigte das Publikum die schönen, in Elfenbeinfarben getönten Wagen. 5 solcher Wagen sind in Rostock eingetroffen, 4 kommen am Montag hier an. Sie machen einen viel besseren und gediegeneren Eindruck als beispielsweise die Berliner Autobusse.
Auf breite Aussichtsfenster, bequeme Sitze und breite Durchgänge ist besonderer Wert gelegt worden. Die Autobusse sind etwas kleiner als diejenigen, die den Verkehr nach Warnemünde vermitteln, im Gegensatz zu diesen, die drei Achsen haben, weisen die Stadtautobusse zwei Achsen aus."
Auszug aus dem Rostocker Anzeiger Nr. 92, vom Freitag, dem 20. April 1928

Elf Tage später ersetzte die Omnibuslinie 4 die Straßenbahn auf der Strecke Hauptbahnhof - Schröderplatz. Damit bestand das Omnibusnetz aus den Linien:
 4 Hauptbahnhof - Bismarckstraße - Brandesstraße - Paulstraße - Augustenstraße - Schröderstraße - Schröderplatz
 5 St.-Georg-Platz - Alexandrinenstraße - Lessingstraße - Schillerstraße - Loignystraße - Hauptbahnhof - Lloydstraße - Göbenstraße - Stampfmüllerstraße - Doberaner Platz - Am Brink - Barnstorfer Weg - Waldemarstraße - Maßmannstraße (Kliniken),
 im Sommer und sonntags zur Bismarckhöhe in den Barnstorfer Anlagen
W Blücherplatz - Breite Straße - Lange Straße - Am Bussebart - Beim grünen Tor - Gertrudenstraße - Doberaner Platz - Doberaner Straße - Schutow - Warnemünder Chaussee - Warnemünde

Ab 01. Juli 1928

Bereits ab 1.Juli 1928 veränderte die Rostocker Straßenbahn A.G. die Streckenführung der Omnibuslinie 4 und erweiterte sie bis zum Hafen.
Die Fahrtroute verlief vom Hauptbahnhof durch die Bismarck- und Brandesstraße, dann jedoch Grüner Weg - Friedrich-Franz-Straße - Wallgrabenstraße - Schwaansche Straße - Blücherplatz - Breite Straße - Schnickmannstraße zur Schnickmannbrücke. Sie endete nahe der Anlegestelle des Fährdampfers nach Gehlsdorf. Die Kraftomnibusse wendeten durch die Lagerstraße und Lange Straße in die Breite Straße und fuhren von dort wieder zum Hauptbahnhof zurück.
 Zur Vergrößerung seines Fahrzeugparks erwarb das Unternehmen sechs gebrauchte VO-MAG-Omnibusse. Zwei von diesen besaßen ein Chassis mit zwei Hinterachsen (Nr. 20 und 22).
 Die vier anderen wichen insofern in der Bauform von den übrigen Omnibussen ab, dass z.B. der Fahrer in einem kastenartigen Vorbau halb über dem Motor saß.
Zur Abstellung und Wartung des Busparks errichtete der Betrieb in den Jahren 1928/29 auf dem Betriebshofgelände Fahnenstraße eine Omnibusabstellhalle und eine Werkstatt.

In den Jahren 1933/1934 erfolgte in Deutschland eine versuchsweise Umstellung von ca. 7000 Nutzfahrzeugen auf den Antrieb mit Holzgas aus Abfallholz.
Im Großversuch wurde die Verwendungsmöglichkeit getestet. Dem faschistischen Staat ging es darum, sich wirtschaftlich vom Ausland unabhängig zu machen und die neue faschistische Ideologie mit praktischem Beispiel zu propagieren.

Ein von der Waggonfabrik in Wismar gelieferter neuartiger Holzgasomnibus mit der Betriebsnummer 21 wurde noch 1933 in Dienst gestellt und auf der zu dieser Zeit als Linie W betriebenen Kraftomnibuslinie von Rostock nach Warnemünde getestet. Das Fahrzeug trug folgende Aufschrift:
"Versuchswagen - Antrieb mit Holzgas aus deutschem Abfallholz"

Die Testergebnisse waren zufriedenstellend und so wurden im Jahr 1935 vier bereits vorhandene Omnibusse auf Holzgasbetrieb umgestellt.
 Weitere fünf Busse, die ebenfalls die Waggonfabrik Wismar lieferte, wurden zugeführt. Von den zum Jahresende 1936 vorhandenen 21 Omnibussen, die auf 4 Linien verkehrten, fuhren 10 Omnibusse mit Holzgasantrieb. Zusätzlich wurden 2 Anhänger in Dienst gestellt, die auf der Linie W zum Einsatz kamen.
 Zum Auftanken der Holzgasomnibusse entstand 1935 im Depot Fahnenstraße eine Holztankstelle, die noch heute unter dem Namen "Holzhalle" bekannte, bis 1993 als Werkstatt des innerbetrieblichen Fuhrparks genutzte Fahrzeughalle im Betriebshof in der Fahnenstraße. Nach jedem Einsatz durchfuhr jeder Holzgasomnibus diese Halle, der Holzgasgenerator wurde durchgespült und ca. 18 Säcke trockenes, in kleine Würfel geschnittenes, Holz wurden für den nächsten Tageseinsatz verladen.
 Im März 1938 erfolgte nochmals eine Lieferung weiterer 5 Holzgasomnibusse aus der Waggonfabrik Wismar.
Somit verkehrten bei der Rostocker Straßenbahn A.G. insgesamt 15 Kraftomnibusse mit Holzgasgeneratorantrieb.

Durch zahlreiche Neuzuführungen von Omnibussen in den Jahren ab 1955 war es dann möglich, die letzten Holzgasomnibusse bis zum Jahr 1957 auszusondern. Damit endete ein sehr interessantes Kapitel Rostocker Omnibusgeschichte.

Beitrag von Lutz Kösser

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