Fahrzeuge Wismarer Waggonbau

85 Jahre Wismar

Die Wismarer Waggonbaufirma wurde 1894 gegründet und hat 1926/27 ihre ersten Triebwagen an die Rostocker Straßenbahn AG geliefert.

Waggonfabrik

In der Wismarer Waggonfabrik wurden Trieb- und Beiwagen für die Rostocker Straßenbahn hergestellt.

Logo

 

Die Waggonfabrik Wismar

Im Jahre 1870 kam aus Rostock - Warnemünde der Kapitän Heinrich Podeus nach Wismar. Schon im gleichen Jahr gründete er eine Kohlenimportfirma. 1884 entstand unter seiner Leitung ein Säge- und Hobelwerk, in dem weiteren Verlauf seiner Tätigkeit folgten noch eine Eisengießerei und eine Maschinenfabrik. Dieser geschäftstüchtige Kapitän war im Jahre 1894 auch der Gründer der Waggonfabrik Wismar. Die Selbstständigkeit dieser Fabrik, die bereits in eine Aktiengesellschaft umgewandelt war, ging 1921 zu Ende mit der Eingliederung in den Verband Deutscher Waggonfabriken, dem 32 Werke angehörten. Neben dem Bau von Reisezug-, Güter- und Spezialwagen für die Deutsche Reichs- sowie für viele Privatbahnen wurden auch Triebfahrzeuge (außer dampfgetriebene) gefertigt. Die Produktion von Straßenbahntriebwagen begann 1910/11 mit der Auslieferung von Fahrzeugen z.B. für Berlin, Magdeburg, Halle, Schwerin und Strausberg. Das Rostocker Straßenbahn- unternehmen erhielt aber erst 1926/27 die ersten Triebwagen aus der Wismarer Fabrik. Für die Rostocker Straßenbahn AG wurden in diesen Jahren acht Triebwagen gefertigt, die- se kamen mit den Betriebsnummern 26 bis 33 zum Einsatz. In den Kriegsjahren 1940/44 folgten nochmals sieben (zunächst sechs, aber durch Kriegszerstörung ein weiterer) und erhielten Betriebsnummer 34 bis 39. Im Jahre 1950 produzierte die Schiffswerft Wismar als Nachfolger der Waggonfabrik nochmals drei weitere Triebwagen des gleichen Typs mit den Nummern 40 bis 42. Dieses waren zugleich die ersten neugebauten Straßenbahntriebwagen in der DDR. Mit dem Bau von drei Beiwagen (Nr.: 57 bis 59, später 121 bis 123), auch „Aufbauwagen“ genannt, endete die Ära des Straßenbahnfahrzeugbaus in Wismar. In der Waggonfabrik Wismar entstanden in den 1930er Jahren aber auch Kraftfahrzeuge. Die Rostocker Straßenbahn AG erhielt aus der Produktion elf Holzgasbusse mit den Betriebsnummern 16 bis 21 und 123 bis 127. Die Antriebsaggregate lieferten allerdings andere Werke.

 

Die Aufbaubeiwagen

Ebenfalls im Jahre 1950 fertigte die “Schiffswerft Wismar“ drei Beiwagen mit den Betriebs-Nr.: 57 bis 59, später 122 bis 124. Diese Fahrzeuge, auch „Aufbauwagen“ genannt, hatten einen Wagenkasten mit einer Holzrahmenkonstruktion, die außen verblecht und auf einen Stahlunterbau montiert war. Für den Nahverkehr Rostock waren es die ersten Beiwagen mit Schiebetürausstattung. Die sehr eigenwillige Konstruktion ähnelte der der Triebwagen 34 bis 42. Neu war die einheitliche Anordnung aller Fahrgastsitze in Querrichtung. Die Aufbaubeiwagen wurden in ihrem kurzem "Leben“ dem mehrmaligen Umbau unterzogen. Bei der Generalüberholung kam es zur Veränderung der Perronfenster und es wurden neue Bremsanlagen vom Typ des LOWA - Beiwagens EB54 eingebaut. Eine Besonderheit aller Wismar-Wagen war, dass sie keine Untergestelle hatten - zur damaligen Zeit somit schon über einen selbsttragenden Wagenkasten verfügten. Zwei Fahrzeuge dienten bis 1972 als „Umkleideräume“ auf dem Sportplatz in Rostock Marienehe.

 

Die Holzgasomnibusse

Beginnend 1933 fertigte die Waggonfabrik Wismar für die Rostocker Straßenbahn AG auch Holzgasbusse. In einem Großversuch wurde damals die Verwendungsmöglichkeit nachwachsender Rohstoffe als Energielieferant zu nutzen geprüft. Den nationalsozialistischen Machthabern ging es vor allem darum, sich wirtschaftlich unabhängiger vom Ausland zu machen. Da dieser Test erfolgreich verlief, entschied sich die RSAG für die Einführung und den Betrieb von Holzgasomnibussen. Mit ca. 18 Säcken getrocknetem und klein geschnittenem Holz konnte ein Bus einen Tag lang den Verkehrsdienst leisten. Im Depot Fahnenstraße wurde extra eine Holztankstelle eingerichtet - unter dem Namen „Holzhalle“ bekannt, wurde sie noch bis 1993 als Werkstatt des innerbetrieblichen Fuhrparkes benutzt. Insgesamt kamen aus Wismar elf Busse. Mit der Zuführung neuer Fahrzeuge ab 1955 endete im Jahre 1957 ein interessantes Kapitel der Rostocker Omnibusgeschichte.

 

Triebwagen 1. Generation

Es gibt zwei Generationen von Triebwagen. Hier ist die erste Generation.

erste Generation

 

Triebwagen der „ersten Generation“ für Rostock

Im Jahre 1926 kamen die ersten sechs Triebwagen mit den Betriebs-Nr.: 26 bis 31. Diese hatten noch offene Perrons, obwohlzur damaligen Zeit in Wismar schon Fahrzeuge mit geschlossenen Perrons gefertigt wurden. Auch die technisch überholtenLyra-Stromabnehmer fanden noch Verwendung.Diese Wagen zeichneten sich durch einen größeren Achsabstand aus, damit erreichte manbessere Laufeigenschaften. Leider wurden diese Vorteile aufgrund der fahrgestelllosenBauweise wieder gemindert. Bemerkenswert war vor allem das größere Fassungsvermögenfür die Personenbeförderung.Die 24 Sitze für die Fahrgäste waren auf vier Längsbänken á drei Plätze und auf zwölf Plätzein Querrichtung verteilt.Die weiteren Triebwagen (32 und 33) aus dem Jahre 1927hatten bereits geschlossene Perrons und einen Scherenstromabnehmer.Die Frontscheibe war aber geteilt und jeweils seitlich verschiebbar. In denJahren 1933/34 erfolgte endlich für die ersten sechs Triebwagen die Verglasung der Perrons.Der Austausch vom Lyra- zum Scherenstromabnehmer wurde bereits 1928 vorgenommen. Nach der Verglasung war das Personal endlich vor Regen und Wind geschützt, aber beider Kälte musste es weiterhin frieren, weil die Einstiegsöffnungen beiderseits ohne Türenblieben. Nach 1938 erhielten dann alle Triebwagen Umsetztüren, aber die Einstiegsseite blieb hierbei weiterhin offen. Die Bedienung der Fahrzeuge konnte nur im Stehen erfolgen. Erst beim Umbau 1943 erhielten die Fahrzeuge „richtige“ Fahrersitze.

 

Modernisierung und Einsatz nach dem Krieg

Beim Bombenangriff auf das Straßenbahndepot in der Fahnenstraße am 20.04.1943 wurden die Triebfahrzeuge 27 und 29 zerstört. Die nach dem Krieg verbliebenen Wagen 30 bis 33 erhielten in den 1950iger Jahren eine grundlegende Modernisierung. Sie bekamen Schiebetüren, in den Fronten wurden die Ziel- und Linienanzeigen eingelassen sowie die Dachform verändert. Gleichzeitig wurden Kleinspannungsanlagen (12 V später 24 V) für die Signalisierung im Z - und ZZ - Verkehr installiert. Aber auch in die Triebwagen „26“ und „28“ erfolgte der Einbau von Kleinspannungsanlagen

 

Das zweite Leben

Nach dem Ende des Linieneinsatzes fanden vier Triebwagen noch einige Jahre als Arbeits-, Fahrschul- und Schienenschleifwagen Verwendung. Bis zum heutigen Tag kann der Triebwagen 26 als historisches Fahrzeug für Sonderfahrten gemietet werden. In der Denkmalsliste wurde die „26“ als technisches Denkmal erfasst. Der Triebwagen 31 hat im Technischen Landesmuseum Mecklenburg - Vorpommern in Wismar einen Ausstellungsplatz gefunden.

 

Triebwagen 2. Generation

Es gibt zwei Generationen von Triebwagen. Hier ist die zweite Generation.

Zweite Generation

 

Triebwagen der „zweiten Generation“ für Rostock

Ab Juli 1940 erhielt die Rostocker Straßenbahn wieder fabrikneue Triebwagen. In den Kriegsjahren bis 1944 kamen insgesamt sieben Wagen aus Wismar, zunächst sechs, aber durch den Kriegsverlust ein weiterer. Diese Fahrzeuge erhielten Betriebs-Nr.: 34 bis 39. Schon rein äußerlich unterschieden sich diese sehr von den bereits vorhandenen Wismartriebwagen. Die Fahrzeuge hatten einen Wagenkasten, der aus Stahlprofilen zusammenschweißt und mit Blech verkleidet war. Erstmals gab es nun in Rostock Straßenbahnen mit Schiebetüren und einen Fahrersitz, der aber nicht fest eingebaut war, sondern er konnte wechselseitig verwendet werden (für vorderen und hinteren Fahrstand). Bei der Konstruktion orientiert man sich am geplanten „deutschen Einheitstriebwagen“. Der Waggonfabrik Wismar gelang einen damit auch international beachteten Triebwagen herzustellen.

 

Die ersten neugebauten Straßenbahntriebwagen der DDR

Im Jahre 1950 produzierte die „Schiffswerft Wismar“, hervorgegangen aus der Waggonfabrik Wismar, nach den gleichen Plänen nochmals drei Triebwagen (Betriebs-Nr.: 40 bis 42). Gleichzeitig waren es damit die ersten in der DDR neu gebauten Straßenbahntriebfahrzeuge. Die Anzahl und die Anordnung der Fahrgastsitze war analog der Wismarwagen der „ersten Generation“. Anzumerken ist aber, dass die ersten sechs über eine dunkle Lackierung der Sitze verfügten und für die drei letzten Triebwageneine helle Lackierung gewählt wurde. Die neun Fahrzeuge erhielten im Zeitraum 1955/62 bei einer jeweiligen Generalüberholung eine Kleinspannungsanlage (12 V später 24 V). Der Einsatz erfolgte nach dem Kriege hauptsächlich im Dreiwagenzugbetrieb auf den Linien 2 und 11. Für die Behängung kamen zunächst die gebrauchten Beiwagen aus Düsseldorf, Neuss, Schwerin und der ehemaligen Strandbahn Hohe Düne - Markgrafenheide zum Einsatz.

 

Die letzten Einsatzjahre

Mit der Zuführung von 14 LOWA - Triebwagen waren ab Mitte der 1950 Jahre genügend Fahrzeuge vorhanden, so dass die Wismartriebwagen der „zweiten Generation“ hauptsächlich auf der Linie 4 nach Gehlsdorf zum Einsatz kamen. Obwohl sich diese Fahrzeuge in allen Einsatzvarianten sehr bewährt hatten, wurden sie bereits 1964/71 aus dem Liniendienst entfernt. Drei Triebwagen konnten bis zur ihrer Verschrottung 1971/81 noch als Gleisbau-, Werkstatt- und Sandtransportwagen mit Schneepflug zum Einsatz kommen.

 
Gefällt mir
Kontakt
Anfahrt